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Aktuelles

Ballungsraum unter Bebendrohung

By 22. März 2019Juli 6th, 2022No Comments

Kaum eine Metropole der Erde ist so durch Erdbeben gefährdet wie Istanbul am europäischen Ufer des Bosporus. Dort bewegen sich die eurasische und die anatolische Platte mehr oder weniger glatt aneinander vorbei und unmittelbar nördlich dieser Störungszone liegt die 14-Millionen-Einwohner-Stadt. Mit umfangreichen seismischen Messnetzen, zu denen auch Sensoren in tief abgeteuften Bohrlöchern gehören, versuchen deutsche und türkische Forschungsinstitutionen das Bebenrisiko für die Stadt besser zu erfassen. Auf dem Tiefbohrkolloquium der Deutschen Forschungsgemeinschaft in Köln wurden die jüngsten Erkenntnisse vorgestellt.

„Für den Fall Istanbul ist die Wahrscheinlichkeit eines Erdbebens der Magnitude 7 oder größer in den nächsten 30 Jahren je nach Modell bei 40 bis 80 Prozent, das ist ein sehr hoher Wert“, betont Marco Bohnhoff, Professor für Geophysik an der Freien Universität Berlin und Sektionsleiter „Geomechanik und Wissenschaftliches Bohren“ beim Deutschen GeoForschungszentrum in Potsdam. Da die Bausubstanz in Istanbul wesentlich schlechter als im ähnlich gefährdeten Tokio, rechnen Experten mit zahllosen Opfern, wenn das große Erdbeben kommt.

Weil es unter Geowissenschaftlern unumstritten ist, dass ein solches Erdbeben kommen wird, ist die Region zwischen Bosporus und Dardanellen ein sogenannter Hotspot der Erdbebenforschung geworden. Das GFZ ist gleich mit zwei seismischen Überwachungsnetzen präsent: Zusammen mit dem türkischen Katastrophenschutz AFAD betreiben die Potsdamer auf den Prinzen-Inseln im östlichen Teil des Marmarameers das permanente GONAF-Observatorium, das die Störung direkt vor Istanbul überwacht. „Unser übergeordnetes Ziel ist, die Störungszone unterhalb des Marmarameeres bestmöglich mikroseismisch zu überwachen“, so Bohnhoff. Denn dieses 140 Kilometer lange Segment, das unter bis zu 1000 Meter Wasser verläuft, ist das letzte Stück der Nordanatolischen Verwerfung, das in den vergangenen 300 Jahren noch nicht gerissen ist. Mehr erfahren…