AWI-Forschende weisen verzögerte Ausbreitung des Eisschildes vor 35 Millionen Jahren nach
Vor rund 35 Millionen Jahren kühlte sich die Erde stark ab. Etwa zur gleichen Zeit öffnete sich zwischen Südamerika und der Antarktis die Drake-Passage und machte damit den Weg frei für den Antarktischen Zirkumpolarstrom. Beide Faktoren führten dazu, dass die Antarktis komplett vereiste. Wie eine Studie des Alfred-Wegener-Instituts nun zeigt, wurde diese große Vereisung zumindest in einer Region verzögert. Dieses neue Puzzleteil in der frühen Geschichte des Westantarktischen Eisschildes kann dabei helfen, seine instabile Zukunft noch besser vorherzusagen. Die Studie ist im Nature-Fachmagazin Communications Earth & Environment erschienen.
Die Westantarktis steht seit Jahren besonders im Fokus der Klimaforschung. Der hier auf dem Kontinent lastende Westantarktische Eisschild dehnt sich bis auf die angrenzende Amundsensee aus. In Küstennähe hat das Eis noch Kontakt zum Meeresboden, weiter in Richtung offene See schwimmt es. Weil das Ozeanwasser in Folge des Klimawandels immer wärmer wird, unterspült es dieses Schelfeis immer weiter. Die Aufsetzlinie – also die Grenze, an der das Eis noch Kontakt zum Meeresboden hat – zieht sich mehr und mehr in Richtung Land zurück. Durch Schmelzwasser und abbrechende Eisberge verliert so beispielsweise der in die Amundsensee fließende Thwaites-Gletscher heute doppelt so viel Eis wie noch vor 30 Jahren. Kollabiert der westantarktische Eisschild ganz, ließe das den globalen Meeresspiegel um mehr als drei Meter steigen.
Auf zwei Forschungsfahrten an Bord der Polarstern hatte die Geophysikerin mit ihrem Team die Sedimente im Bereich des Pine-Island-Trogs untersucht. Dieser kanalartige Einschnitt erstreckt sich im flachen Bereich der Amundsensee am Meeresboden und läuft von Norden nach Süden direkt auf die westantarktische Küste zu. Für die Messungen setzte das AWI-Team das bewährte Verfahren der Reflexionsseismik ein. Dabei schleppt die Polarstern ein 3.000 Meter langes Messkabel – den Streamer – hinter sich her. Der Streamer ist dabei mit einer Vielzahl von Hydrophonen ausgestattet, die über insgesamt 240 Messkanäle verfügen. Während der Messfahrt sendet ein Luftpulser hinter dem Schiff künstlich erzeugte seismische Wellen aus. Diese breiten sich bis unter den Meeresboden aus, werden an bestimmten Schichtgrenzen – etwa der Grenze zwischen Sediment und Fels – zurückgeworfen und dann von den Hydrophonen des Streamers registriert. Anhand der unterschiedlichen Laufzeiten der Wellen und der jeweiligen Position der einzelnen Kanäle lässt sich dann die innere Struktur des Meeresbodens bestimmen. Mehr erfahren…