Satellitendaten aus vier Jahrzehnten zeigen Verlagerung der sogenannten Ozeanwirbel; Modellstudien belegen maßgeblichen Einfluss der Erderwärmung
Die großen, windgetriebenen Strömungssysteme der Ozeane haben sich in den zurückliegenden 40 Jahren mit hohem Tempo Richtung Pol verschoben. Zu diesem Ergebnis kommen Forschende des Alfred-Wegener-Institutes, Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresfoschung (AWI), nachdem sie globale Langzeit-Satellitendaten zur Meeresoberflächentemperatur und zur Höhe des Meeresspiegels ausgewertet haben. Aus beiden Datensätzen lassen sich Rückschlüsse auf den Verlauf der großräumigen Oberflächenströmungen ziehen. Demnach verschieben sich sowohl auf der Nordhalbkugel als auch auf der Südhalbkugel der Erde die Grenzen der sogenannten Ozeanwirbel und ihrer wichtigen Randströme um 800 Meter pro Jahr Richtung Pol. Angetrieben wird diese Verlagerung gigantischer Wassermassen maßgeblich durch die Erderwärmung, wie zum Beispiel Berechnungen mit einem neuen AWI-Klimamodell belegen. Die Folgen des Wandels spüren Mensch und Natur, berichten die Forscher: Unter anderem steigt in den betroffenen Regionen der Meeresspiegel, Arten wandern ab und Sturmgebiete ziehen auf neuen Bahnen. Die Studie erscheint heute im Fachmagazin Geophysical Research Letters.
n den großen, windgetriebenen Meeresströmungen der Erde bewegt sich das Wasser vereinfacht gesagt im Kreis. Weltweit gibt es acht solcher riesiger Wirbel (engl. ocean gyre) – drei im Atlantik, drei im Pazifik und jeweils einen im Indischen sowie im Südlichen Ozean. Diese rotierenden Strömungssysteme bestimmen maßgeblich das Wetter und die marine Produktivität in den Küstenregionen unseres Planeten. Die fünf subtropischen Ozeanwirbel beispielsweise transportieren an ihrem westlichen Rand (z.B. Golfstrom) Wärme und Feuchtigkeit aus den Tropen in die mittleren und höheren Breiten und beeinflussen auf diese Weise die lokalen Lufttemperaturen und Niederschläge. An ihrem östlichen Rand (z.B. Kanarenstrom) dagegen steigt nährstoffreiches Wasser aus der Tiefe auf. In ihm gedeihen Algen, Kleinstlebewesen und Fische in so großen Mengen, dass die Auftriebsgebiete auch als Speisekammern der Ozeane bezeichnet werden.
Die Ozeanwirbel weltweit und über lange Zeiträume hinweg zu überwachen, scheiterte bislang an den enormen Kosten für ozeanografische Langzeitmessungen. AWI-Forschende aber haben nun einen neuen Ansatz gefunden, mit dem genau das vergleichsweise einfach gelingt. Die Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen analysierten Langzeit-Satellitendaten zur Oberflächentemperatur und -höhe der Weltmeere und konnten anhand von Temperatur- und Höhenunterschieden die Lage der großen Strömungssysteme und ihre räumliche Ausdehnung rekonstruieren. „Beim Vergleich der Daten zeigte sich dann, dass sich in den zurückliegenden 40 Jahren alle acht großen windgetriebenen Oberflächenströmungssysteme polwärts verschoben haben“, sagt Erstautor und AWI-Ozeanograph Hu Yang.
Mit der neuen Methode lässt sich auch das Tempo der Strömungsverlagerung bestimmen. Demnach verschieben sich die Ozeanwirbel im Durchschnitt um 800 Meter pro Jahr. „Auf der Südhalbkugel sind diese Veränderungen besonders deutlich zu sehen. Auf der Nordhalbkugel dagegen beeinflussen Faktoren wie die Lage der Kontinente und die Meereisentwicklung in der Arktis den Strömungsverlauf, sodass wir hier starke natürliche Schwankungen sahen, die uns motivierten, herauszufinden, welche Prozesse in welchem Ausmaß diese Verlagerung antreiben“, erklärt Hu Yang. Mehr erfahren…