Der letzte große Vulkanausbruch in Europa traf vor 13.000 Jahren einen extrem dünn besiedelten Kontinent mit Jägern und Sammlern, die in den kurz zuvor von Gletschern geräumten Gebieten ihrer Jagdbeute hinterherzogen. Ein Archäologe der dänischen Universität Aarhus beschäftigt sich bereits seit Jahren mit dem Laacher-See-Ausbruch und seinen Auswirkungen auf diese eiszeitlichen Menschen. Seine Hypothese, dass die Eruption das ganz Mitteleuropa umspannende Netzwerk der sogenannten Federmesser-Kultur zerriss, begründet er in einem Online-Vortrag der EGU-Jahrestagung. Diese wird wegen der Covid-19-Pandemie als virtuelle Veranstaltung durchgeführt.
Vor rund 13.000 Jahren brach zum vorerst letzten Mal ein Vulkan auf dem Gebiet des heutigen Deutschlands aus. Der rund 3,3 Quadratkilometer große Kessel des Laacher Sees in der Osteifel ist die Caldera des Vulkans, der damals in einem Frühjahr förmlich explodierte und 16 Kubikkilometer Bims und Asche über große Gebiete Europas verteilte. „Es war ein klassischer plinianischer Ausbruch, wie man ihn vom Vesuv kennt, nur viel größer als der aus dem Jahr 79 nach Christus, den Plinius beschrieb“, erklärt Felix Riede, Professor für Archäologie an der dänischen Universität Aarhus. Die Explosion war wohl sechs Mal so heftig wie die, mit der der Mount St. Helens 1980 seinen Gipfel wegsprengte.
Die Eruption des Mount St. Helens hatte nur begrenzte Konsequenzen. Ein rund 500 Quadratkilometer großes, nahezu unbesiedeltes Gebiet rings um den Berg wurde verwüstet, 57 Menschen starben. Die Eruption des Laacher-See-Vulkans scheint dagegen die Eiszeitmenschen so stark getroffen zu haben, dass sie eine ausgedehnte Zone quer durch Mitteldeutschland bis ins 220 Kilometer entfernte Leinetal bei Göttingen komplett aufgaben. „In Mitteldeutschland, im südlichen Niedersachsen und in Hessen scheint der Laacher-See-Ausbruch zu einer Besiedlungslücke geführt zu haben“, betont Riede, der sich seit Jahren mit den Folgen der Eruption für die steinzeitlichen Kulturen in der ausgehenden Eiszeit beschäftigt.
Ausbruch traf Europa in heikler Zeit
Der Ausbruch ereignete sich in einer Periode mit ausgesprochen wechselhaften Bedingungen für die Menschen und die Tiere, denen unsere eiszeitlichen Vorfahren hinterherzogen. Die jüngste Kaltzeit, Würm in Süd- Weichsel in Norddeutschland, ging zu Ende, es herrschte eine warme Zwischenperiode, das Alleröd. Doch auch das kannte kalte Perioden. „Das ganze Klimasystem war instabil und damit auch die ökologischen Bedingungen für die Menschen“, so Riede. Die Gletscher waren auf dem Rückzug und der ersten Wälder aus Birken und Nadelbäumen dehnten sich aus, kälteresistente Tiere wie Elche lebten in dieser Umgebung ebenso wie bereits die klassischen Großtiere der heutigen mitteleuropäischen Fauna. Mehr erfahren…