Mit dem Begriff Geoengineering verhält es sich ein bisschen wie mit dem Quantensprung: Im wörtlichen Sinne ist etwas ganz anderes gemeint als im allgemeinen Sprachgebrauch. So wie ein Quantensprung eigentlich nur eine winzig kleine Änderung des Energieniveaus eines Elektrons ist und nicht etwas Weltbewegendes, so gehört Geoengineering im engeren Wortsinn zum Alltag der Menschheit seit vielen Jahrtausenden. Bergbau, Umleitung von Flüssen, Tunnelbauwerke, Stauseen oder Entwässerung: All das sind massive Eingriffe in den Untergrund, die man nach meinem Verständnis als Geoengineering bezeichnen müsste. Wer heute davon spricht, meint aber meist Climate Engineering – und so ist es nicht verwunderlich, dass das Thema zuverlässig dann in den Medien auftaucht, wenn große Klimakonferenzen wie jetzt in Katowice, Polen, anstehen oder wenn es um die Erreichung beziehungsweise das Verfehlen der selbstgesteckten „Klimaziele“ Deutschlands geht.
Grob lassen sich zwei Klassen von Climate Engineering unterscheiden: einmal das aktive Abscheiden von CO2 bei der Verbrennung fossiler Brennstoffe oder anderen CO2-emittierenden Prozessen sowie zum anderen die Beeinflussung der Sonneneinstrahlung auf die Erde, beispielsweise durch Einbringen von Partikeln in die Atmosphäre. Für beide Prozesse gibt es natürliche Vorbilder: Pflanzen entziehen der Luft CO2 und wandeln es in Biomasse um, seien es kurzlebige Blätter oder langlebiges Holz. Und Vulkane stoßen Rauch und Asche aus, die bis in die Stratosphäre dringen und dort zu einer Abschattung der Erde führen.
Die Mehrheit der Geowissenschaftlerinnen und -wissenschaftler sowie auch die Politik sind sich einig, dass uns für großskalige Versuche, Schatten zu erzeugen, das Wissen um die möglichen globalen und regionalen Konsequenzen fehlt. Zu groß ist die Gefahr von unbeabsichtigten Nebenwirkungen als dass man jetzt einfach Ruß oder andere Substanzen zusätzlich und in großen Mengen in die Atmosphäre einbringen könnte. Was in der Debatte darum oft wenig beachtet wird: Es sind nicht nur diese unerwünschten Effekte, die Grund zur Sorge geben, sondern auch völlig ungeklärte und vermutlich auch nicht klärbare Fragen der globalen Governance.
Wer sollte bestimmen, wie viel Partikel mit welcher errechneten Wirkung ausgebracht werden? Dürfte ein Staat ein Veto einlegen? Wer würde haften, wenn etwas schief geht? Wer garantiert die Nachhaltigkeit der jeweiligen Maßnahme? Wie sollen diese finanziert werden – vor allem dauerhaft? Die Ideen zu solchen radikalen Maßnahmen, die es immer wieder in die Schlagzeilen schaffen, sind alt und bekannt – und sie bleiben mit großen ungeklärten Risiken und einer fehlenden völkerrechtlichen Grundlage behaftet. Mehr erfahren…