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Stress im Untergrund besser berechnen

By 5. Dezember 2020Juli 6th, 2022No Comments

Der Untergrund der oberen Erdkruste wird durch die Ausbeutung von Rohstoffen oder Gewinnung und Speicherung von Energie genutzt. Im Rahmen der Energiewende und des damit verbundenen Ausstiegs aus Kohle und Kernenergie wird die Nutzung des Untergrundes durch stoffliche Energiespeicherung zum Beispiel von regenerativ erzeugtem Wasserstoff und Gas in Poren- und Kavernenspeichern zunehmen müssen. Ebenso wird die tiefe Geothermie insbesondere für die Wärmeversorgung der Städte stärker genutzt werden. Diese veränderten Nutzungskonzepte werden neue Fragen zur sicheren Erschließung und Langzeitstabiltät der Speicher aufwerfen.

Eine Schlüsselrolle haben dabei die Gebirgsspannungen in der oberen Erdkruste und deren Änderungen durch die vom Menschen verursachten Eingriffe. Diese führen zu Veränderungen der Gesteinseigenschaften und der thermischen, mechanischen und hydraulischen Bedingungen. Auch für die Charakterisierung eines geologischen Tiefenlagers für hochradioaktive Abfälle spielt die Geomechanik eine zentrale Rolle. Bei der Standortauswahl, der Bauplanung sowie der Untersuchung der Langzeitstabilität sind mehrere Faktoren zu berücksichtigen, die durch den Spannungszustand beeinflusst werden. Dazu gehören unter anderem die Auflockerungszone im Einlagerbereich, die hydraulische Durchlässigkeit des Wirtsgesteins, das Selbstabdichtungsvermögen, Auswirkungen seismischer Ereignisse und die mögliche Reaktivierung von Störungen als Migrationspfade für Fluide und Radionuklide.

Weil man die Größe der Spannungen nur punktuell mit großem Aufwand bestimmen kann, entwickeln Forschende – unter anderem am Deutschen GeoForschungsZentrum Potsdam GFZ – geomechanische Modelle, mit deren Hilfe Prognosen für Bereiche ohne Spannungsdaten berechnet werden. „So können wir für Regionen, die uns interessieren, ein jeweils aktuelles, kontinuierliches dreidimensionales Spannungsfeld abschätzen. Allerdings müssen wir unsere Modelle kalibrieren, und dafür benötigen wir einen Grundstock an Daten von Spannungsmagnituden, also an bestimmten Orten gemessene Größen der Spannung im Gesteinsuntergrund“, sagt Sophia Morawietz aus der Sektion 2.6 Erdbebengefährdung und dynamische Risiken am GFZ. Hierzu präsentiert sie jetzt in einer kürzlich erschienenen Studie mit Kolleg*innen vom GFZ, aus Australien und der TU Darmstadt erstmals eine umfassende und öffentlich zugängliche Spannungsmagnituden-Datenbank für Deutschland und umliegende Gebiete mit aktuell 568 Datensätzen. Erstellt wurde sie im Rahmen des vom BMWi geförderten Projektes SpannEnD – Spannungsmodell Endlagerung Deutschland.

Die neue Datenbank ist die konsequente Erweiterung der Datenbank des World Stress Map Projektes, in dem bisher nur Informationen zu Spannungsorientierungen systematisch zusammengetragen werden. „Unsere Studie ist die Blaupause für eine Erweiterung um die Größe der Spannungen auf globalem Maßstab. Damit leisten wir einen wichtigen Beitrag, um die Zuverlässigkeit geomechanischer Prognosemodelle zu verbessern“, sagt Oliver Heidbach, Geophysiker und Mitautor. Mehr erfahren…