Das Dörfchen Brienz ist der Katastrophe noch einmal entkommen: 1,2 Millionen Tonnen herabstürzendes Gestein stoppten kurz vor den ersten Häusern. Die Medien hatten das sich anbahnende Unglück im Mai und Juni 2023 teils minuziös verfolgt. Doch was in ihren Berichten oft unterging: Der eigentliche Brienzer Erdrutsch ist weit größer, der ganze Hang, auf dem der Ort steht, bewegt sich mit ein bis zwei Metern pro Jahr Richtung Tal. Doch noch ist Brienz nicht verloren. 100 Kilometer südlich schützt ein ebenso einfaches wie radikales Verfahren ein anderes Alpendorf vor dem Abgleiten.
An einem heißen Sommertag im Valle di Campo, einem Seitental des Maggiatals im Schweizer Kanton Tessin, öffnet Thomas Schiesser eine Blechtür zur Unterwelt. Draußen zirpen Heuschrecken, Schmetterlinge flattern, drinnen ist es dunkel, muffig und es gluckert. Die Tür führt in einen Stollen. Es ist kühl, um die 15 Grad Celsius. Der Kreisoberförster dreht an einem Schalter, es klingt, als ob sich der Rotor eines Hubschraubers in Bewegung setzt. »Die Ventilationsanlage«, sagt Schiesser. »Wir müssen erst Luft reinlassen, bevor wir reingehen, es kann sonst gefährlich werden.« Mehr erfahren….