Geologische Botschaften aus der Tiefe
Der Rieskrater gehört zu den am besten erhaltenen und erforschten Einschlagskratern der Erde. Der Asteroiden-Einschlag vor rund 15 Millionen Jahren hatte einen grundlegenden, bis heute bestimmenden Einfluss auf das Landschaftsbild, die Beschaffenheit des Untergrunds und damit auch auf die Natur, die Besiedlungsgeschichte bis hin zur heutigen Bewirtschaftung der Flächen.
Wegen dieser Einmaligkeit entschloss sich die Region 2004 einen Geopark zu gründen, der nicht nur den Krater sowie den Äußeren Kraterrand umfasst, sondern auch die Flächen mit den heute noch erhaltenen Auswurfmassen. Als Instrument der nachhaltigen Regionalentwicklung hat der Geopark Ries e.V. die Aufgabe, zur Identitätsstiftung beizutragen und die Bedeutung des Erdgeschichtlichen Erbes zu vermitteln. Mit dem Qualitätssiegel „Nationaler Geopark“ seit 2006 und dem Anstreben des Labels „UNESCO Global Geopark (UGGp)“ verpflichtet sich die Region den vereinbarten Standards und Zielen, sowie deren ständigen Weiterentwicklung.
Im Erdaltertum – vor über 300 Millionen Jahren – kollidierten die Kontinentalplatten der beiden großen damaligen Landmassen Laurasia (nördlich) und Gondwana (südlich). Durch diese Kollision wurde das so genannte variszische Gebirge gebildet. Dieses Gebirge tritt in Mitteleuropa heute beispielsweise in Gestalt zahlreicher Mittelgebirge zutage, u.a. in den Vogesen, im Schwarzwald, im Harz oder auch im Erzgebirge. Vielerorts – auch in der Region um das Ries – wurde es jedoch von Sedimentschichten überlagert und ruht als kristallines Grundgebirge in mehreren hundert Metern Tiefe.
In den Geotopen Klosterberg – am Rand des Primärkraters – tritt das kristalline Grundgebirge dennoch an die Oberfläche. Der Grund: Bei seinem Einschlag durchschlug der Ries-Asteroid die Sedimentschichten und bildete einen zuerst fast 4,5 Kilometer tiefen Krater, der bis weit in das kristalline Grundgebirge hineinreichte.
Die Verdampfung und Auswurf des Gesteins führte zu einer Druckentlastung – das komprimierte Grundgebirge federte zurück, Material aus dem Untergrund wurde mehrere hundert Meter teils schräg nach oben gedrückt und gelangte so an die Oberfläche. Dieses für die Region einzigartige geologische Phänomen lässt sich in den Geotopen Klosterberg an den ehemaligen Kristallin-Steinbrüchen Langenmühle I und II erkunden.
Zu den Tiefengesteinen, die man im Ries finden kann, zählen Granite und Gneise. Granite sind magmatische Gesteine, die aus einer Schmelze auskristallisiert sind. Gneise bezeichnet man auch als metamorphe Gesteine, sie haben sich während der Gebirgsbildung unter hohem Druck und hoher Temperatur gebildet. Für Geologen sind die hier durch das Ries-Ereignis an die Oberfläche transportierten Schollen hochinteressante Botschafter aus dem Untergrund: Sie liefern Hinweise, welche Gesteine in der Region eigentlich in größeren Tiefen vorkommen und erlauben Vergleiche mit den oberflächennahen Aufschlüssen der Orte, wo das variszische Grundgebirge zutage tritt. Und auch für die Raumfahrt hat das Geotop bei Maihingen Interessantes zu bieten. Die Weltraumfahrer, die sich im Ries auf die Apollo-14 und Apollo-17 Mondmissionen vorbereiteten, studierten hier die mineralogischen Veränderungen, die Impakt-Ereignisse im kristallinen Untergrund hervorrufen.
Der Geopark Ries bietet die Möglichkeit mit fachkundigen, zertifizierten Geopark Ries Führer*innen die Geotope und die Spuren des Impaktereignisses hautnah zu erleben (www.geopark-ries.de).
Quellenangabe: Gisela Pösges
Foto: Langenmühle I (7).jpg
Quelle: Birzele, Geopark Ries e.V.
Weiterführende Literatur:
Bayerisches Geologisches Landesamt (Hrsg.) (1969), Das Ries – Geologie, Geophysik und Genese eines Kraters, Geologica Bavarica, 61, 478 Seiten
Chao, E. C. T., Hüttner , R. und Schmidt-Kaler , H. (1978), Aufschlüsse im Ries-Meteoriten Krater, Beschreibung , Fotodokumentation und Interpretation, mit einer geologischen Übersichtskarte 1: 100.000, Bayerisches Geologisches Landesamt (Hrsg.), München
Engelhardt. v. W. von und Stöftler , D. (1974), Excursion 84 : Ries meteorite crater , Germany Fortschritte der Mineralogie 52, Beiheft 1, 103-122
Höfling, R. (2003): Das Ries und sein Vorland aus sedimentologisch-paläontologischer Sicht. – Jahrbücher und Mitteilungen des Oberrheinischen Geologischen Vereins, N.F. 85: 203-239.
Hüttner R. and Schmidt-Kaler H. 1999b. Wanderungen in die Erdgeschichte 10: Meteoritenkrater Nördlinger Ries. München, Germany: Verlag Dr. F. Pfeil. 144 p.
Nationaler Geopark Ries. Landschaft. Geschichte. Kultur. Martin Kluger, ISBN: 978-3-946917-10-6, Erscheinungsjahr: 2019, Seiten: 384
Stöffler D. 1977. Research drilling Nördlingen 1973: Polymict breccias, crater basement, and cratering model of the Ries impact structure. Geologica Bavarica 75:443-458