Wintershall-Chef kritisiert Kohlestrom-Export in FAZ-Gastbeitrag als klimapolitisch grotesk
Berlin /Frankfurt. Die Koalitionsvereinbarung von Union und SPD zeigt klar: Deutschland wird die eigenen Klimaziele für 2020 verfehlen. Genau davor haben Experten aus Energiepolitik und Energiewirtschaft seit Jahren gewarnt. „Das war ein Scheitern mit Ansage“, so Mario Mehren, Vorstandsvorsitzender der Wintershall: „Deutschland hat sich auf dem Weg ins Grüne gründlich verirrt. Es lässt sich auf eine einfache Formel bringen: Mit Erdgas wär das nicht passiert.“ Stattdessen hätten falsche Marktanreize die Idee der Energiewende pervertiert. „Deutschland exportiert heute in erheblichem Umfang Kohlestrom in die Nachbarländer – sogar zu Negativpreisen. Das ist klimapolitisch grotesk“, schreibt Mehren jetzt in einem Gastbeitrag für die Frankfurter Allgemeine Zeitung (Freitagausgabe, 16. Februar).
Deutschland habe in den vergangenen Jahren zwar stark in den Ausbau der erneuerbaren Energien investiert, die Erfolge für den Klimaschutz sind aber geringer als erhofft. So liegen die CO2-Emissionen in Deutschland seit 2009 fast unverändert bei rund 750 Millionen Tonnen pro Jahr. „Wir sehen eine Energiewende, die viel kostet, aber leider wenig bringt“, so Mehren. Das liege daran, dass sich die Politik stark auf den Stromsektor konzentriert und die großen Einsparpotenziale im Wärmemarkt und bei Mobilität und Transport vernachlässigt. Ein weiterer Grund: Auch innerhalb des Strommarkts werden Akzente falsch gesetzt. So hat Deutschland nach dem Atomausstieg in hohem Maße Kernkraft durch Kohlekraft ersetzt. „Die Absurdität treibt so wilde Blüten, dass Deutschland Kohlestrom als Überproduktion exportiert“, kritisiert Mehren. Laut einem Gutachten von ERA Energy Research haben sich Deutschlands jährliche Exportüberschüsse seit 2011 fast verneunfacht: auf nunmehr 54 Terrawattstunden. Das ist, laut ERA, so viel Strom wie die fünf größten deutschen Atomkraftwerke zusammen erzeugen. Mehr erfahren…