Libyen, im September 2023: Binnen weniger Stunden geht so viel Regen nieder, wie es in dem Wüstenstaat sonst über mehrere Monate hinweg üblich ist. Herangetragen hat die Wassermassen das Tiefdrucksystem »Daniel«, das zuvor schon weite Teile Griechenlands unter Wasser gesetzt und sich dann über dem erhitzten Mittelmeer zu einem so genannten »Medicane«, einem mediterranen Hurrikan, aufgeladen hatte. An manchen Orten in Libyen fallen an einem Tag 41 Zentimeter Regen pro Quadratmeter, ein neuer Rekord. In der Küstenortschaft Darna sind es deutlich weniger, doch dort wird Tausenden von Menschen der marode Zustand von zwei Staudämmen zum Verhängnis, die die Stadt eigentlich vor Überschwemmungen schützen sollten.
Die enormen Regenmengen versickern im Hinterland von Darna kaum im Boden, sondern fließen in zwei Wadis, Wüstentäler mit nur saisonalen Fließgewässern. In kürzester Zeit schießt Wasser in Richtung Küste. Anfangs tun die beiden Staudämme noch ihren Dienst, fangen die braunen, gefährlichen Fluten auf. Schnell wird der Druck zu groß, die Staudämme bersten. Experten sagen später, die Bauwerke waren für solche Extreme nicht ausgelegt – und wurden zudem nach Jahren von Bürgerkrieg und Wirtschaftskrise nicht mehr so gewartet, wie es nötig wäre. Die Flutwelle überspülte ganze Stadtteile. Regierung und Vereinte Nationen gehen davon aus, dass tausende Menschen dabei gestorben sind.
Ukraine, im Juni 2023: Über Jahrtausende hinweg bahnte der Dnipro sich seinen Weg von der Quelle bis zur 2201 Kilometer entfernten Mündung ins Schwarze Meer – gänzlich ungestört. Regelmäßig trat der naturbelassene Strom über die Ufer und überflutete weite Landstriche. Altwasserarme und Sümpfe erstreckten sich in seinem Tal. Die Stadt Saporischschja heißt übersetzt »Land jenseits der Stromschnellen«, weil dort ein 60 Kilometer langer wilder Abschnitt mit Felsblöcken und Wasserfällen endete, der über Jahrhunderte hinweg für Schiffe unpassierbar war. Dann brach das Zeitalter der großen Staudämme an. Mehr erfahren…