ETH-Forscher Luca Dal Zilio fasst die jüngsten Erdbeben in der Türkei und in Syrien zusammen und beleuchtet die Komplexität dieses Ereignisses. Er diskutiert die Lehren, die daraus gezogen werden können, um zukünftige Erdbeben in der Region besser zu verstehen und sich darauf vorzubereiten.
von Peter Rüegg
Das Wichtigste in Kürze
- Forscher bestätigen, dass sich in der Türkei und Syrien eine Erdbeben-Doublette ereignet hat.
- Das erste Beben war das Zünglein an der Waage, das in einer benachbarten Verwerfung das zweite starke Erdbeben innerhalb sehr kurzer Zeit auslöste.
- Expert:innen vermuten entlang der nordanatolischen Verwerfung südlich Istanbul und unter dem Marmarameer eine «seismische Lücke», welche auf das Ausbleiben eines starken Erdbebens in den vergangenen 250 Jahren zurückzuführen ist.
- Erdbebengefahr und -risiko sind für die türkische Metropole sehr hoch.
ETH-News: Sie und Ihr Kollege Jean-Paul Ampuero von Geoazur haben soeben einen Kommentar zu den Erdbeben in der Türkei und Syrien von Anfang Februar in einer wissenschaftlichen Zeitschrift veröffentlicht. Was gibt es Neues?
Luca Dal Zilio: Die beiden starken Erdbeben, die am 6. Februar 2023 die Türkei und Syrien erschütterten, hatten ähnliche Magnituden – 7,8 und 7,6 – und lagen nur neun Stunden auseinander. Diese Ereignisse werden als «Erdbebendoublette» bezeichnet, weil es sich um Paare grosser Erdbeben handelt, deren Zentren näher beieinander liegen als ihre Bruchgrösse und die innerhalb eines Zeitraums auftreten, der kürzer ist als die aus der Plattenbewegung abgeleitete Wiederholungszeit.