Pressemitteilung Berlin, den 09.11.2022
Geowissenschaftlerinnen und Geowissenschaftler der Deutschen Geologischen Gesellschaft – Geologischen Vereinigung (DGGV) unterstützen umweltverträglichere Erdgasgewinnung in Deutschland unter Einsatz des Fracking-Verfahrens
Geowissenschaftlerinnen und Geowissenschaftler der Deutschen Geologischen Gesellschaft – Geologische Vereinigung e.V. (DGGV) unterstützen die Forderung, die Nutzung von heimischem Erdgas umgehend auszubauen. Hierzu sollte auch Fracking ermöglicht werden, das nach dem gegenwärtigen Stand der Technik und bei konsequenter Anwendung der hohen deutschen Umweltstandards technisch beherrschbar und aufgrund eines geringeren CO2-Fußabdrucks umweltverträglicher als LNG Import ist.
Erdgas ist ein zurzeit noch unverzichtbarer Energieträger und Rohstoff, der für die Hälfte der deutschen Bevölkerung zum Heizen von Wohnraum verwendet wird. Außerdem dient Erdgas dazu, die kurzfristigen Schwankungen aus der Erzeugung erneuerbarer Energien (Windenergie bei Flaute, Photovoltaik während der Dunkelphasen, etc.) gegenüber anfallendem Bedarf auszugleichen. Einen hohen Anteil an Erdgas verbraucht auch die Chemische Industrie für die Herstellung von Düngemitteln und Kunststoffen. Es steht aber außer Frage, dass es unbedingt notwendig ist, die Nutzung fossiler Energiequellen zur Wärmeerzeugung so schnell wie möglich komplett zu beenden und durch erneuerbare, klimaneutrale Energien zu ersetzen.
Durch die gegenwärtigen internationalen Spannungen infolge des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine und die damit verbundenen Lieferstopps russischen Erdgases nach Deutschland sind die Erdgaskosten stark gestiegen; zudem ist es nötig, Bezugsquellen zu diversifizieren. Die Nutzung des vor allem aus Nordamerika eingeführten LNG ist die zurzeit am meisten diskutierte Alternative im Gasenergieportfolio der Bundesrepublik Deutschland. Auch dieses LNG wird größtenteils durch Fracking in den USA gewonnen. Zur Verflüssigung von LNG werden dann bis zu 20% der transportierten Energie benötigt, sodass importiertes LNG im Vergleich zu heimischem Erdgas mit einem höheren CO2-Fussabdruck einhergeht.
Die Geowissenschaftler der DGGV betonen, dass sie das Fracking-Verfahren, wie es in Deutschland bereits vielfach erfolgreich durchgeführt wurde in Kombination mit der vorhandenen Geo-Expertise zu Untergrundressourcen, als nachhaltig durchführbar für die Umwelt ansehen. In Deutschland werden Mindesttiefen von mehr als 1000 m unter der Erdoberfläche als unbedenklich für die Anwendung des Fracking-Verfahrens angesehen. Die deutschen Erdgaslager, beispielhaft seien hier die großen Vorkommen im Untergrund Niedersachsens genannt, liegen in noch größeren Tiefen von bis zu 4000 m.
In der Zulassung der heimischen Erdgasförderung liegt eine große Chance, die immer noch existierenden Abhängigkeiten von ausländischen Energielieferungen zu reduzieren und Erdgas nach höchsten Umweltstandards zu gewinnen. Erstes heimisches Erdgas könnte in einem Zeitrahmen erschlossen und gefördert werden, der unter den derzeitigen Genehmigungszeitspannen liegt. Die Bundesregierung wird deswegen aufgefordert, das Gutachten der Expertenkommission zu diskutieren, das Fracking-Moratorium aufzuheben und die Förderung von neuen Erdgasquellen in Deutschland so schnell es geht zu ermöglichen.
Stellungnahme 23.11.2022
Im Nachgang der Veröffentlichung der Pressemitteilung begann eine sehr kontroverse Diskussion unter den Mitgliedern des Vorstandes der DGGV und weiteren Mitgliedern, die sich durch die als einseitig und zu politisch motiviert empfundene Pressemitteilung nicht repräsentiert fühlten. An dieser Stelle soll deshalb klargestellt werden, dass die ursprüngliche Pressemitteilung nicht die Meinung aller Geowissenschaftlerinnen und Geowissenschaftler der DGGV widerspiegelt. Es sind auch fehlerhafte Angaben gemacht worden, die mittlerweile richtiggestellt wurden. Unter anderem war der Zeitraum, der benötigt würde, um die Nutzung zu ermöglichen, mit 6 Monaten deutlich zu niedrig angesetzt.
Der Vorstand der DGGV befürwortet eindeutig den schnellstmöglichen Ausstieg aus der Nutzung fossiler Brennstoffe zur Energieerzeugung. Der Kernpunkt der Pressemitteilung war, dass die Nutzung heimischen Erdgases im Vergleich zu ausländischen Quellen einen kleineren CO2-Fußabdruck hinterlässt und damit eine umweltverträglichere Vorgehensweise ermöglichen würde. Wie die Diskussion gezeigt hat, wird die Nutzung heimischen Erdgases jedoch nicht von allen Geowissenschaftlerinnen und Geowissenschaftlern der DGGV befürwortet, u.a. weil dadurch der Ausstieg aus fossilen Energien verzögert werden könnte. Aus der Situation wird außerdem deutlich, dass wir eine Debatte dazu brauchen, wie die Geowissenschaften in der aktuellen Energiekrise zu Lösungen beitragen können. Wir danken allen Mitgliedern für das Feedback und arbeiten daran, ein Format zu entwickeln, um diesen fachlichen Austausch fortzusetzen.