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Geotop des Monats Juli 2023

Naturdenkmal „Adorfer Klippe“ am Martenberg/ Hessen – Locus typicus für die regionale Adorf-Stufe (Frasnium) im Oberdevon


Im Zentrum eines ehemaligen Eisenerz-Tagebaus am Martenberg nahe Adorf in Hessen ist eine markante Klippe stehengeblieben – die „Adorfer Klippe“. Aufgrund ihrer biostratigraphischen Bedeutung ist sie als Naturdenkmal und Geotop ausgewiesen (https://www.hlnug.de/themen/geologie/geotope). Sie befindet sich in der strukturgeologischen Einheit des Ostsauerländer Sattels im nordöstlichen Rheinischen Schiefergebirge.

Die „Adorfer Klippe“ umfasst verschiedene Gesteinsformationen aus mittel- bis oberdevonischen Gesteinen der „Givet“-, „Adorf“- und der „Nehden-Stufen“. Die Abfolge zeigt ein in seiner Mächtigkeit stark reduziertes Schwellenprofil, dass im Bereich eines untermeerischen Vulkangebäudes entstanden ist.

Während des oberen Mitteldevons fand in dieser Region ein weit verbreiteter untermeerischer, alkalibasaltischer Vulkanismus statt (NESBOR et al. 1993). Vor allem das häufige Auftreten von Pillow(Kissen)lavaströmen zeugt von der Vulkanaktivität unter Meeresbedeckung. Die in dieser Zeit entstandenen vulkanischen Gesteine werden heute als Diabas-Schalstein-Formation zu einer geologischen Einheit zusammengefasst. Am Südrand des Naturdenkmals „Adorfer Klippe“ sind die Meta-Alkalibasalte (Diabase) der Diabas-Schalstein-Formation aufgeschlossen (HESSISCHES LANDESAMT FÜR NATURSCHUTZ, UMWELT UND GEOLOGIE 2021a).

Mit dem ausklingenden Vulkanismus kam es zur Bildung von hämatitischen Eisenerzlagerstätten, die in den geologischen Karten als Roteisenstein-Formation ausgehalten sind. Die Eisenerze bildeten sich unter oxidierenden Bedingungen direkt am Meeresboden, nachdem sie aus hydrothermalen Lösungen ausgefallen waren, die zuvor das frisch geförderte vulkanische Gestein durchströmt und dabei unter reduzierenden Verhältnissen Eisen, Kalzium und Silizium mobilisiert hatten (LIPPERT 1977, FLICK et al. 1990). Die im Rheinischen Schiefergebirge und vor allem im Lahn-Dill-Gebiet weit verbreiteten Eisenerzlagerstätten der Roteisenstein-Formation werden dem Lahn-Dill-Typ zugeordnet. Seit dem Mittelalter sind diese Erze an zahlreichen Gewinnungsstellen Über- und Untertage gewonnen worden. Die Geschichte des Bergbaus kann im Bergbaumuseum der Grube Christiane auch Untertage besichtigt werden (HESSISCHES LANDESAMT FÜR NATURSCHUTZ, UMWELT UND GEOLOGIE 2010). Die Adorfer-Klippe selbst steht in Verbindung mit dem ehemaligen übertägigen Bergbau und wird von einem Pingenfeld umgeben.

Im Bereich der devonischen marinen Tiefschwellen kam es auf den inaktiven untermeerischen Vulkanbauten während des Mitteldevons (Givetium) bis in das Oberdevon (Frasnium, “Adorf-Stufe“) zur Ablagerung pelagischer Kalke mit einer charakteristischen Faunenvergesellschaftung. Dieser Ablagerungstyp wird im gesamten Schiefergebirge unter der Cephalopodenkalk-Formation zusammengefasst. Aufgrund der sehr geringen Sedimentationsraten in diesem marinen Bildungsraum entwickelten sich stark kondensierte in ihrer Mächtigkeit reduzierte, plattige bis bankige, feinkörnige und fossilreiche Kalksteinabfolgen, in denen typische Faunenvergesellschaftungen wie Cephalopoden, Brachiopoden, Trilobiten, Crinoiden, Conodonten und solitäre Korallen eingeschlossen sind. Die deutliche Rotfärbung der Kalksteine ist auf eine Imprägnation der liegenden Roteisenerze zurückzuführen (BOTTKE 1965).

An der „Adorfer Klippe“ werden die Cepalopodenkalke von graugrünen Tonschiefern der Nehden-Formation (Famennium) überlagert. Sie schließen das Profil ab (HESSISCHES LANDESAMT FÜR NATURSCHUTZ, UMWELT UND GEOLOGIE 2021b).

Aufgrund der außerordentlich reichen Fossilvergesellschaftungen in den Gesteinseinheiten der „Adorfer Klippe“ ist dieses Geotop schon seit mehr als 100 Jahren bekannt für biostratigraphische Forschungsarbeiten (DENCKMANN 1895, WEDEKIND 1913, PAECKELMANN 1979, HOUSE & ZIEGLER 1977). Die „Adorfer (oder Rote) Klippe“ am Martenberg wurde daher schnell der Locus typicus für die regionale „Adorf-Stufe“ (Frasnium) und galt lange Zeit als Richtprofil für die biostratigraphische Gliederung im Devon und der weltweit gültigen Cephalopoden-Stratigraphie. Sie gehört zum Nationalen Geopark Grenzwelten (https://www.geopark-grenzwelten.de/adorfer-klippe.html).

 

Quellenangabe : Anne Kött und Heiner Heggemann(HLNUG)

 

Weiterführende Literatur

BOTTKE, H. (1965): Die exhalativ-sedimentären devonischen Roteisensteinlagerstätten des Ostsauerlandes. – Geol. Jb., Beih. 63: 133 S., 27 Abb., 19 Tab., 9 Taf.; Hannover.

DENCKMANN, A. (1895): Zur Stratigraphie des Oberdevons im Kellerwalde und einigen benachbarten Devon-Gebieten. – Jb. kgl. preuß. geol. L.-Anst., 15 (1894): 8–64, 2 Profiltaf., 4 Abb., 1 Taf.; Berlin.

FLICK, H., HORN, M., NESBOR, H.-D. & WENGERT, N. (1991): Eine subvulkanische Magmenkammer des devonischen Vulkanismus (Givet/Adorf-Phase) am Nordwestrand der Dillmulde, Rheinisches Schiefergebirge.– Geol. Jb. Hessen, 119: 45–76, 18 Abb., 3 Tab.; Wiesbaden.

HESSISCHES LANDESAMT FÜR NATURSCHUTZ, UMWELT UND GEOLOGIE (2010): Hessens Unterwelt – schauhöhlen und Besucherbergwerke in Hessen. – HLNUG; Wiesbaden.

HESSISCHES LANDESAMT FÜR NATURSCHUTZ, UMWELT UND GEOLOGIE (2021a): Geologie von Hessen. – 705 S.; Schweitzerbart.

HESSISCHES LANDESAMT FÜR NATURSCHUTZ, UMWELT UND GEOLOGIE (2021b): GeoTouren in Hessen: Band 4 – Lahn-Dill-Bergland, Waldecker Land, Kellerwald und Frankenberger Bucht, Reinhardswald und Kurhessisches Bergland mit der Niederhessischen Senke. – HLNUG; Wiesbaden.

HOUSE, M.R. & ZIEGLER, W. (1977): The Goniatite and Conodont sequences in the early Upper Devonian at Adorf, Germany. – Geologica et Palaeontologica, 11: 69–107, 4 Abb., 6 Taf.; Marburg.

LIPPERT, H.-J. (1997): Eisenerze. – In: BENDER, P., LIPPERT, H.-J. & NESBOR, H.-D. : Erläuterungen zur Geologischen Karte von Hessen 1:25.000, Bl. 5216 Oberscheld. – 2. Aufl.: 236–291; Wiesbaden.

NESBOR, H.-D., BUGGISCH, W., FLICK, H., HORN, M. & LIPPERT, H.-J. (1993): Fazielle und paläogeographische ‚entwicklung vulkanisch geprägter mariner Becken am Beispiel des Lahn-Dill-gebietes. – Geol. Abh. Hessen, 98: 3–87; Wiesbaden.

PAECKELMANN, W. (1979): Erläuterungen zur Geologischen Karte von Hessen 1: 25 000 Bl. 4618 Adorf. – 2., ergänzte Aufl.: 127 S., 11 Abb., 11 Tab., 2 Taf.; Wiesbaden (Hess. L.-Amt Bodenforsch.).

WEDEKIND, R. (1913): Die Goniatitenkalke des unteren Oberdevon von Martenberg bei Adorf. – Sitz.-Ber. Ges. naturforsch. Freunde, 1: 23–77, 14 Abb., 4 Taf.; Berlin.

 

Bild: Naturdenkmal „Adorfer Klippe“ mit Darstellung der lithostratigraphischen Grenzen (HESSISCHES LANDESAMT FÜR NATURSCHUTZ, UMWELT UND GEOLOGIE 2021a, nach House & Ziegler 1977)

 

Details

Bundesland
Hessen
Landkreis
Waldeck-Frankenberg
Ort
Diemelsee-Adorf