Schmelzende Eismassen beschleunigen und verändern die Wanderung des geografischen Pols
Wir Menschen beeinflussen sogar die Rotationsachse unseres Planeten – zumindest indirekt. Denn die zunehmende Eisschmelze in den Polarregionen sowie regionale Grundwasser-Entnahmen verschieben das Massengleichgewicht der Erde, wie nun eine Studie nahelegt. Diese Unwucht beschleunigt vor allem seit den 1990er Jahren die Wanderung der geografischen Pole, wie Forscher im Fachmagazin „Geophysical Research Letters“ berichten.
Die geografischen Pole markieren die Lage der irdischen Rotationsachse und zeigen auch ihre Veränderungen an. Tatsächlich bewegt sich die Erdachse ständig leicht hin und her und vollführt sowohl im Jahresverlauf wie in längeren Zeiträumen leichte Pendelbewegungen. Die Ursache dafür sind zum einen Massenverlagerungen im Erdinneren, beispielsweise durch die Konvektionsströme im Erdmantel oder das langsame Zurückfedern der Erdkruste nach der letzten Eiszeit.
Zum anderen tragen Prozesse an der Erdoberfläche zur Verschiebung der Erdachse bei. Der größte Faktor ist dabei die Verteilung der irdischen Wassermassen. Das Gewicht und die Lage von Eisschilden, Gletschern, Ozeanen und unterirdischen Grundwasservorkommen beeinflusst die Massenverteilung und damit auch die „Unwucht“ unseres Planeten. An diesem Punkt kommen der Mensch und seine Eingriffe ins Erdsystem ins Spiel.
Richtungswechsel des Pols Mitte der 1990er Jahre
Welchen Einfluss der Mensch auf das Massengleichgewicht der Erde und damit die Erdachse hat, haben nun Shanshan Deng von der Chinesischen Akademie der Wissenschaften und ihre Kollegen neu untersucht und quantifiziert. Dafür nutzten sie zunächst Daten des Earth Rotation and Reference Systems Service (IERS), um Tempo und Ausmaß der Polwanderung seit den 1970er Jahren zu bestimmen. Über ergänzende Daten ermittelten sie dann den Einfluss der bekannten geologischen Faktoren. Mehr erfahren…