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Stöpsel für den Gletscherabfluss

By 13. April 2018Juli 6th, 2022No Comments

Der Meeresspiegelanstieg ist eine Bedrohung für den Lebensraum von vielen Millionen Menschen. Bis zum Ende dieses Jahrhunderts könnte der Wasserstand um einen Meter steigen, vielleicht sogar um mehr als das. Nur mit gewaltigen Investitionen wird man die Siedlungsgebiete in den Küstenzonen davor schützen können. Eine Gruppe von Wissenschaftlern schlägt daher vor, der Menschheit mehr Zeit zu verschaffen und Gletscher in Arktis und Antarktis durch untermeerische Schwellen zu verlangsamen. Ihre verwegene Idee stellten sie auch auf der EGU-Jahrestagung vor, die in dieser Woche in Wien stattfand.

Grönlands drittgrößte Stadt Ilulissat kann mit einem seltenen Panorama aufwarten. Permanent treiben Eisberge durch den nur sieben Kilometer breiten Fjord an der 4500-Einwohner-Siedlung vorbei in die Disko-Bucht und von dort in den Nordatlantik. Es ist die dichteste Parade der Eisriesen auf der Nordhalbkugel. Das Schauspiel, das dem Fjord sogar den Status einer Weltnaturerbe-Stätte eintrug, hat jedoch einen ernsten Hintergrund. Der Jakobshavn Isbrae, der in den Fjord mündet, ist der am häufigsten kalbende Gletscher der gesamten Nordhemisphäre. Bis zu 35 Milliarden Tonnen Eis brechen jedes Jahr von der Gletscherfront und treiben auf Nimmerwiedersehen ins Meer. Jakobshavn Isbrae ist der am schnellsten fließende Eisstrom in Grönland. In der jüngsten Zeit hat sich seine Fließgeschwindigkeit mehr als verdoppelt, eine beunruhigende Entwicklung, denn sein Einzugsgebiet umfasst rund 6,5 Prozent des grönländischen Inlandeises. Im gesamten 20. Jahrhundert gingen rund vier Prozent des Meeresspiegelanstiegs auf sein Konto.

„Das Schöne an diesem Gletscher ist, dass der Fjord nur fünf Kilometer breit ist, wir könnten also an ihm unsere Geoengineering-Idee erproben“, meint der Glaziologe John Moore, Professor an der Beijing Normal University und Kopf des chinesischen Geoengineering-Programms. Moore und eine kleine Gruppe von Wissenschaftlern aus Europa und den USA haben eine verwegene Idee, die sie vor kurzem im renommierten Fachjournal „Nature“ und jetzt auf der Jahrestagung der Europäischen Geowissenschaftlichen Union EGU in Wien vorstellten. Sie wollen die am schnellsten fließenden Gletscher der beiden Polkappen verlangsamen. „Das würde den Meeresspiegelanstieg an der Quelle bekämpfen, anstatt immer höhere Deiche an den Küsten zu bauen“, so Moore. Mehr erfahren…