Modellrechnung zeigt bisher unbeachtete Wechselwirkung des Stickstoffkreislaufs
Je höher die Temperatur, desto weniger Gase sind im Wasser gelöst – dieser einfache physikalische Zusammenhang erklärt unter anderem den messbaren Sauerstoffverlust in den wärmer werdenden Ozeanen. In der internationalen Fachzeitschrift Nature Communications veröffentlichen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des GEOMAR Helmholtz-Zentrums für Ozeanforschung Kiel heute allerdings eine Modellrechnung, nach der ein wärmerer Ozean nach Jahrhunderten des Verlusts in 4000 Jahren sogar mehr Sauerstoff als heute enthalten wird. Die Studie erklärt Ungereimtheiten im Sauerstoffbudget bisheriger Simulationen, wirft gleichzeitig aber neue Fragen auf.
Die Ozeane verlieren Sauerstoff. Das haben zahlreiche, auf direkten Messungen beruhende Studien der vergangenen Jahre gezeigt. Da Wasser bei steigenden Temperaturen weniger Gase lösen kann, waren diese Ergebnisse nicht überraschend. Neben der globalen Erwärmung fördern zudem Faktoren wie die Überdüngung der Küstenmeere den Sauerstoffverlust. Doch wie sieht die Zukunft aus? Werden die Ozeane bei weiterer Erderwärmung irgendwann komplett sauerstoffarm? Solche anoxischen Phasen gab es in der Erdgeschichte tatsächlich schon mehrere Male, verbunden mit großen Massenaussterbe-Ereignissen. Auch sie gingen mit hohen Kohlendioxidkonzentrationen in der Atmosphäre und hohen globalen Temperaturen einher.
Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des GEOMAR Helmholtz-Zentrums für Ozeanforschung Kiel veröffentlichen heute in der internationalen Fachzeitschrift Nature Communications Modellrechnungen zur Entwicklung des Sauerstoffgehalts der Ozeane bis ins Jahr 8000. Sie gehen in ihrem Szenario davon aus, dass ein großer Teil der fossilen Reserven verbrannt wird, die Emissionen bis zum Ende des Jahrhunderts weiter ansteigen und anschließend bis zum Jahr 2300 auf null abnehmen. Im Modell erwärmt sich der Planet dabei um weitere 6 Grad, und Temperaturen bleiben bis zum Ende der Simulation auf diesem hohen Niveau.
Das überraschende Ergebnis betrifft den Sauerstoffgehalt des Ozeans: Nach einer weiteren Abnahme über mehrere hundert Jahre steigt das Sauerstoffinventar des Ozeans wieder an und erreicht in knapp 4000 Jahren sogar ein höheres Niveau als vor der Industrialisierung. Auf den ersten Blick paradox erscheint, dass das Modell trotz der unerwarteten Sauerstoffzunahme bei steigenden globalen Temperaturen eine deutliche Ausdehnung und stärkere Ausprägung der heute schon vorhandenen Sauerstoffminimumzonen in den Weltmeeren zeigt.
Aus Untersuchungen des Kieler Sonderforschungsbereich 754 ist bekannt, dass solche sauerstoffarmen Gebiete zwar Todeszonen für größere Organismen wie Fische oder Kopffüßer sind. Bestimmte Bakterien, die statt Sauerstoff Nitrat atmen, gedeihen dort aber sehr gut. „Sie ziehen ihre Energie aus einem chemischen Prozess, den wir Denitrifizierung nennen. Er ist ein wichtiger Bestandteil des Stickstoffkreislaufs, führt aber dazu, dass bei der Veratmung von organischem Material weniger Sauerstoff verbraucht wird, als bei der Photosynthese produziert wurde“, erklärt Professor Oschlies. Mehr erfahren…