Erster seismischer Nachweis von Mantelgestein am Meeresboden
Zwischen ozeanischen Erdplatten steigt Magma auf, treibt die Platten auseinander, türmt hohe Unterwassergebirge auf und bildet so neuen Meeresboden. Das ist einer der fundamentalen Prozesse, die das Gesicht der Erde ständig verändern. Doch es gibt auch Plattengrenzen, an denen neuer Meeresboden ohne vulkanische Prozesse entsteht, indem Gestein aus dem Erdmantel ungeschmolzen nach oben transportiert wird. In der internationalen Fachzeitschrift Nature Geoscience veröffentlicht ein internationales Team unter Leitung des GEOMAR Helmholtz-Zentrums für Ozeanforschung Kiel jetzt erstmals eine auf seismischen Untersuchungen beruhende Schätzung, wie groß der Anteil der so entstandenen Ozeanböden ist.
Ein insgesamt 65.000 Kilometer langes Gebirge zieht sich durch alle Weltmeere. Es markiert die Regionen, in denen jeweils zwei Erdplatten nebeneinanderliegen. Durch den Spalt zwischen den Platten drängt Material aus dem Erdinneren an die Oberfläche, bildet neuen Meeresboden, türmt die unterseeischen Gebirge auf und treibt die Platten auseinander. Oft werden diese Mittelozeanischen Rücken als ein riesiger, langgestreckter Vulkan beschrieben. Doch dieses Bild stimmt nicht überall. Denn das Material, das an die Erdoberfläche gelangt, ist nicht immer aufgeschmolzen, also magmatisch. Teilweise wird es kalt gebildet. Wie groß der Anteil des durch diesen Prozeß gebildeten Meeresbodens ist, war bisher unbekannt.
Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Universitäten Kiel, Austin (Texas, USA) und Durham (Großbritannien) veröffentlichen jetzt in der internationalen Fachzeitschrift Nature Geoscience Daten, die erstmals einen detaillierte Abschätzung erlauben, wie viel Gestein aus dem Erdmantel an den Mittelozeanischen Rücken direkt zu Meeresboden wird, ohne vorher aufgeschmolzen zu werden. „Dieser Prozess spielt sich vor allem dort ab, wo sich der Meeresboden mit Geschwindigkeiten von weniger als zwei Zentimeter pro Jahr spreizt“, erklärt Prof. Dr. Ingo Grevemeyer vom GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel, Leitautor der aktuellen Studie. Mehr erfahren…