Feste Erde

3.5 Konvektionsströme im Erdmantel

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Video: Konvektionsströme im Erdmantel

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Eingangsbild: Lavasee im Halema‘uma‘u-Krater Kilauea, Hawai‘i, USA (Foto: Ivan Vtorov, 2012, Wikipedia)

Kapitel 3.5

Konvektionsströme im Erdmantel

Konvektion oder Konvektionsströmung ist ein physikalisches Prinzip das auf dem isostatischen Ausgleich beruht. Wenn Materialien, egal ob fest, flüssig oder gasförmig, erwärmt werden, steigt in ihnen die Intensität der Brown´schen Molekularbewegung, indem sich die einzelnen Moleküle schneller bewegen und für diese Bewegung ein bisschen mehr Platz benötigen. Dadurch dehnt sich die Masse geringfügig aus und wird dementsprechend etwas leichter. Die Folge ist, dass sie entsprechend dem Prinzip des isostatischen Ausgleichs nach oben aufsteigt. Beispiele finden wir im Haushalt, wenn z.B. warme Luft nach oben steigt und kalte nach unten fällt.

Ein Versuch mit der Erwärmung von Wasser zeigt das Prinzip: Wenn man Wasser in einem Topf an einer Stelle z.B. mit einem Bunsenbrenner erhitzt, wird über der Flamme Hitze zugeführt, so dass an dieser Stelle das Wasser nach oben steigt, weil es leichter wird. An der Oberfläche kühlt es ab und sinkt an den Seiten des Topfes wieder nach unten. Dadurch entsteht ein Kreislauf, den man als Konvektion bezeichnet, das Wasser bewegt sich in einem Konvektionsstrom.

Abb. 3.5.1: Modell für die Entstehung von Konvektionsströmungen (Meschede, unveröff., 2022)

Solche Konvektionsströme sind auch im Erdmantel und vermutlich auch im Erdkern anzutreffen. Der Erdmantel ist zwar nicht flüssig wie Wasser, aber er ist beweglich, nur dass die Bewegungen dort mit extrem geringer Geschwindigkeit ablaufen. Wir messen sie in Zentimetern pro Jahr – nicht Zentimeter pro Sekunde wie im Wassermodell. Wenige Zentimeter pro Jahr, das sind die Geschwindigkeiten, die wir von Plattenbewegungen auf der Erdoberfläche kennen und in der gleichen Größenordnung bewegt sich auch der Erdmantel. Er ist fließfähig in Zeiträumen von vielen Millionen Jahren.

Abb. 3.5.2: Von Wikipedia ausgegebenes Modell der Strömungen im Erdmantel mit großen, symmetrischen Konvektionswalzen, die in einer Subduktionszone nach unten sinken und unter einer Spreizungszone aufsteigen. Wikipedia (2022)

Für die Plattentektonik spielen die Konvektionsströme eine wichtige Rolle bei der Plattenbewegung. Schon in den allerersten Modellen aus den 60er und 70er Jahren des vorigen Jahrhunderts wurden Konvektionsströme im Erdmantel als wesentliche Motoren der Plattenbewegung dargestellt. Allerdings zeigen die meisten Darstellungen, die man im Internet oder in Büchern in zahllosen Variationen findet (Beispiel aus Wikipedia in Abb. 3.5.2), die Konvektionsströme im Erdmantel als riesige Konvektionswalzen, bei denen kühle Lithosphäre  in Subduktionszonen nach unten sinkt, im tieferen Mantel wieder aufgeheizt wird und als heiße Strömung genau unter der Spreizungszone wieder nach oben kommt. In dieser einfachen Art und Weise funktioniert dies jedoch nicht.

Wenn die Konvektion im Erdmantel wirklich so ablaufen würde wie in der Wikipedia-Darstellung (Abb. 3.5.2), dürften sich die Konvektionswalzen nicht ändern und sie müssten immer am gleichen Ort bleiben. Ozeane entstehen aber ständig neu, indem neue ozeanische Lithosphäre an den Spreizungszonen entsteht, doch sie verschwinden auch wieder, indem sie komplett subduziert werden. In diesem Modell wäre aber die Schließung eines Ozeans gar nicht möglich. Der Atlantik  passt z.B. überhaupt nicht in dieses Modell, da es an seinem Rand, abgesehen von den kleinen Bereichen der Karibik und Südgeorgien, keine Subduktionszonen gibt, weder auf der amerikanischen noch auf der europäischen oder afrikanischen Seite. Aber in der Mitte zwischen den beiden Platten befindet sich eine seit Millionen von Jahren aktive Spreizungszone.

Abb. 3.5.3: Lokal begrenzte Ausdehnung von Konvektionszellen im Bereich einer Spreizungszone (Meschede, unveröff., 2022).

Die Spreizungszonen haben für die Mantelströmungen nicht die Bedeutung wie bisher angenommen. Unter den Spreizungszentren finden sich kleinere, lokale Konvektionszellen statt, die sich direkt unter dem Rift befinden, dort, wo die ozeanische Kruste entsteht. Die großräumige, globale Mantelströmung ist erst in tieferen Bereichen des Mantels anzutreffen.

Abb. 3.5.4: Modell für Konvektionsströmungen im Erdmantel (Abkürzungen s. Abb. 3.5.6; Meschede, unveröff., 2022, verändert nach Frisch & Meschede, 2021)

Mantelströmungen sind sehr groß angelegt und man sollte die mitunter verwendete Bezeichnung Konvektionswalzen vermeiden. Es handelt sich um eine Konvektionsströmung, die zum Austausch kalter und warmer Massen beiträgt. Und auch in dem Modell in Abb. 3.5.4 bewegt sich kühle Lithosphäre in Subduktionszonen nach unten.  Der wesentliche Unterschied zum Mantelmodell in Abb. 3.5.2 ist, dass die Strömungen nicht unter den Spreizungszonen nach oben kommen, sondern breit verteilt in aufsteigenden Hotspots.

Abb. 3.5.5: Globale Verteilung von Hotspots (aus Frisch & Meschede, 2021)

Hotspots sind nicht statistisch über den Erdkörper verteilt (Abb. 3.5.5). Es gibt zwei Häufungen, eine um Afrika und den östlichen Atlantik und eine weitere im zentralen und östlichen Pazifik, die mit dem großen Wärmeaustausch-System der Erde zusammenhängen.

Abb. 3.5.6 Schnitt durch den Erdkörper vom Südpol aus gesehen. LLSVP = large low shearwave velocity provinces (Bereiche mit verminderter Geschwindigkeit seismischer Scherwellen), PGZ = plume generation zone (Zone in denen Manteldiapire gebildet werden), D“ = Übergangszone zwischen absinkender ozeanischer Lithosphäre und LLSVP, ozeanische und kontinentale Lithosphäre sind stark überhöht dargestellt (aus Frisch & Meschede, 2021).

In Abb. 3.5.6 ist ein Schnitt durch den Erdkörper parallel zum Äquator dargestellt (Blick vom Südpol auf die durchgeschnittene Erde). Man kann den Erdkörper grob in vier Bereiche unterteilen: jeweils gegenüberliegend Bereiche mit Subduktion und etwa im rechten Winkel dazu Bereiche, in denen Hotspots vorkommen. Man schätzt, dass es derzeit ungefähr 40-50 solcher Hotspots weltweit gibt. Die Hotspots Hawaii, Yellowstone, die Phlegräischen Felder bei Neapel oder die Kanarischen Inseln mit dem kürzlich ausgebrochenen Vulkan auf La Palma sind bekannte Beispiele.

Die beiden Phänomene Subduktion und Hotspot kommen nicht gemeinsam vor, zwar sind sie manchmal durchaus in relativer Nähe, aber sie treten nicht gemeinsam auf so dass ein Hotspot direkt in einer Subduktionszone liegen würde. Im Gegensatz dazu gibt es Spreizungszonen unter denen sich ein Hotspot befindet, wie z.B. Island. Dort befindet sich ein Hotspot direkt unter dem Mittelatlantischen Rücken. Der Hotspot hat die ozeanische Kruste herausgehoben, so dass man dort heute den Rücken mit der Spreizungszone an Land beobachten kann. Das ist einer der ganz wenigen Orte auf der Erde, wo das möglich ist. Normalerweise liegen die Spreizungszonen auf ihren mittelozeanischen Rücken in Wassertiefen von über 2000 m.