Feste Erde

3.7 Das Magnetfeld der Erde

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Video: Das Magnetfeld der Erde

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Eingangsbild: Polarlichter, Aurora Borealis (Foto: pixabay)

Kapitel 3.7

Das Magnetfeld der Erde

Erdmagnetismus ist nicht nur für das Leben auf der Erde von entscheidender Bedeutung: für die Plattentektonik hat er eine ganz besondere Bedeutung, denn magnetische Information kann in Gesteinen gespeichert werden und auf diese Weise die ehemaligen Positionen von Platten auf dem Erdkörper und das Alter der ozeanischen Kruste überliefern.

Abb. 3.7.1, a: Magnetit, Mineral mit hohem Eisenanteil; b: Magnet an Magnetit angeheftet (Fotos: Meschede, 2008, Schweden)

Die Speicherung magnetischer Informationen ist möglich, weil in den Gesteinen magnetisierbare Minerale mit einem hohen Gehalt an Eisen enthalten sind: Magnetit, Hämatit, Pyrrhotin und viele andere (Abb. 3.7.1a, b).

Abb. 3.7.2, a: Magnetischer Festplattenspeicher eines modernen Computers (Foto: pixabay), b: Tonbandkassette aus den 80er Jahren des letzten Jahrhunderts (Foto: Meschede, 2022).

Diese Minerale können die magnetische Information, die ihnen unter bestimmten Bedingungen aufgeprägt wird, ähnlich wie bei magnetischen Festplattenspeichern in modernen Computern oder Tonbandgeräten der 80er und 90er Jahre des letzten Jahrhunderts (Abb. 3.7.2a, b), speichern.

Abb. 3.7.3: Ausrichtung magnetischer Domänen nach einem angelegten Magnetfeld (Meschede, unveröff., 2022)

An einem Spreizungszentrum aus einer magmatischen Schmelze gebildete basaltische Gesteine enthalten viel Magnetit, der die Ausrichtung und Intensität des Erdmagnetfeldes zum Zeitpunkt der Bildung speichern kann (Abb. 3.7.3).Die Minerale speichern die magnetische Information kurze Zeit nach ihrer Entstehung, nämlich dann, wenn sie unter eine bestimmte Temperatur abkühlen. Man bezeichnet diese Temperatur, die in Gesteinen der ozeanischen Kruste je nach Mineral zwischen 580 und 650°C liegen kann, als die Curie-Temperatur, benannt nach dem berühmten Physiker und Nobelpreisträger Pierre Curie (1859-1906). Oberhalb dieser Temperatur ist die Magnetisierung instabil und wird nicht gespeichert, unterhalb hingegen bleibt die Information des gerade herrschenden Magnetfeldes erhalten, auch wenn das Erdmagnetfeld später weiterhin auf das Gestein einwirkt.

Abb. 3.7.4: Ausrichtung von magnetisierbaren Partikeln während des Absinkens bei der Sedimentation (Meschede, unveröff., 2022)

Auch sehr feinkörnige Sedimentgesteine können magnetische Informationen speichern, allerdings geht das nicht aufgrund der Abkühlung der Minerale unter die Curie-Temperatur. Während der Sedimentation sinken die feinen Partikel langsam zum Meeresboden, wobei längliche magnetische Minerale parallel zum gerade wirkenden Erdmagnetfeld ausgerichtet und im Sediment eingebettet werden (Abb. 3.7.4). Die Magnetisierung ist sehr viel schwächer als in den neu gebildeten Gesteinen der ozeanischen Kruste, aber mit modernen Magnetometern ist es heute möglich, auch diese schwachen magnetischen Informationen zu lesen.

Abb. 3.7.5: Das Magnetfeld der Erde (Meschede, unveröff., 2022, Satellitenbild: pixabay)

Man geht heute davon aus, dass das Magnetfeld der Erde im Wesentlichen durch starke Strömungen im flüssigen, äußeren Erdkern entsteht (Abb. 3.7.5). Der Erdkern besteht zu einem großen Teil aus Eisen, weswegen er wie ein riesiger Stabmagnet wirkt, um den herum sich das Magnetfeld aufbaut. Dieses Magnetfeld wird üblicherweise mit den magnetischen Feldlinien dargestellt, wobei die Feldlinien richtungsgebunden sind, d.h. die Linien laufen immer aus dem magnetischen Nordpol heraus und im magnetischen Südpol wieder hinein. Sie sind dementsprechend eine gerichtete Größe und lassen sich als magnetischer Vektor beschreiben.

Abb. 3.7.6: Magnetostratigrafische Zeitskala mit den Umpolungen des Erdmagnetfeldes (verändert aus Meschede, 2021; nach Ogg et al., 2016, USGS Geol. Survey, 2007)

Der magnetische Nordpol befindet sich heute in der Nähe des geografischen Südpols, eine Tatsache, die oft auch in Lehrbüchern und Abbildungen im Internet nicht richtig dargestellt wird. Die Polarität des Erdmagnetfeldes hat sich im Laufe der Erdgeschichte immer wieder umgedreht, mal in kurzen Zeitabständen, mal in längeren, wie in der magnetostratigrafischen Zeitskala in Abb. 3.7.5 zu sehen ist. Allein in den letzten 40 Millionen Jahren hat es ungefähr 70 Umpolungen gegeben. Es gibt aber auch Ruhephasen, wie z.B. in der Kreidezeit, wo es über einen Zeitraum von 20 Millionen Jahren überhaupt keine Umpolung gab. Für den Nachweis plattentektonischer Bewegungen sind die Umpolungen von großer Bedeutung, da sie die magnetischen Streifenmuster zu beiden Seiten der Spreizungszonen entstehen lassen.

Abb. 3.7.7: Inklination der magnetischen Feldlinien vom Äquator bis zu den Polen (Meschede, unveröff., 2022)

Plattentektonische Veränderungen im Laufe der Zeit lassen sich über die Inklination und Deklination des magnetischen Vektors bestimmen. Mit der Inklination wird der Winkel, in dem ein magnetischer Vektor zur Erdoberfläche geneigt ist, angegeben und seine Abweichung von der aktuellen geografischen Nordrichtung bestimmt die Deklination.

Wenn die magnetische Information nicht durch Aufheizung über die Curie-Temperatur wieder gelöscht wurde, kann man aus der Inklination des magnetischen Vektors in etwa den Breitengrad ermitteln, auf dem sich das untersuchte Gestein zur Zeit seiner Bildung befand. Das ist möglich, weil man davon ausgehen kann, dass sich die magnetischen Pole – und das ist unabhängig von ihrer Polarität – immer wenigstens in der Nähe der geografischen Pole befanden. Da die Inklination des magnetischen Vektors am Pol 90° und am Äquator 0° beträgt (Abb. 3.5.7) und sich dazwischen systematisch ändert, lässt sich die Paläobreite rechnerisch ermitteln. Plattentektonische Verschiebungen in Nord-Süd-Richtung lassen sich damit bestimmen, wenn man weiß wie alt die jeweils untersuchten Gesteine sind, allerdings funktioniert das nicht in Ost-West-Richtung, denn der Längengrad ist nicht messbar, weil der 0-Meridian im Gegensatz zu den Polen nicht natürlich ist und vom Menschen willkürlich festgelegt wurde.

Abb. 3.7.8: Scheinbare Polwanderungskurven (apparent polar wander path, APWP) für Nordamerika und Europa (Meschede, unveröff., 2007, verändert nach Lowrie, 1997)

Mithilfe der Inklination und Deklination kann aus gleich alten magnetische Daten, die an verschiedenen Orten auf ein und derselben tektonischen Platte gemessen wurden, die Lage des Pols zu dieser Zeit errechnet werden. Da die Platte sich aber seit der Aufprägung der magnetischen Information bewegt hat, entspricht die so ermittelte Pollage nicht mehr der aktuellen Pollage, d.h. der Pol ist mit Bezug auf die heutige Pollage scheinbar gewandert – obwohl er sich natürlich zur Zeit der Aufprägung auch am geografischen Nordpol befand, aber weil die Platte wegdriftete und rotierte, ist der Pol, den man errechnet, scheinbar gewandert. Wenn man die Pollagen für verschieden alte magnetische Daten errechnet, ergibt sich daraus die scheinbare Polwanderungskurve (apparent polar wander path, APWP). In Wirklichkeit sind es die Platten, die sich bewegen, die dabei aber die Information über die Pollage mitnehmen. Wenn solche Untersuchungen z.B. in Europa und in Nordamerika durchgeführt werden, kann man feststellen, dass sich die Polwanderungskurven zwar ähneln, aber dennoch weit auseinander liegen. Wenn die Kontinente hingegen wieder in ihre Lage vor dem Auseinanderdriften zurückbewegt werden, überlagern sich die Kurven fast deckungsgleich. Diese Übereinstimmung wird als Nachweis für die Existenz der Plattendrift angesehen.

Das Magnetfeld der Erde

Magnetische Streifenmuster